Urspruenglich wollte ich heute mit meiner Radtour den letzten Ausflug nach Xiong Cun landschaftlich ummalen. Gerade jetzt, wo die Bauern ihre Reispflanzen gesetzt haben, ergibt sich auf den acht Kilometern zwischen Daxu und Xiong Cun eine schoene wechselvolle Kullisse mit vielen unterschiedlichen Gruentoenen durch die flachgezogenen Reisterrassenfelder und den Karstbergen im Hintergrund. Die Radtour ist nicht nur mit Aussicht auf das erhalten gebliebene 1000 Jahre alte Dorfviertel einen Tagesausflug wert. Es bieten sich landschaftlich sehr angenehme Reizpunkte. Leider spielte das Wetter heute sein eigenes Spiel und ignorierte den gestrigen Wetterbericht. Dichter Nebel mit immer wieder einsetzendem leichten Nieselregen machten mir wenig Mut, die Kamera  aus meinem Ruecksack zu nehmen. Dafuer entschied ich mich, in Erfahrung zu bringen, was hinter dem Dorf Xiong Cun auf mich warten koennte. Es war interessant fuer mich herauszufinden, dass die folgenden drei kleinen Ortschaften ebenfalls ihre historischen Geschichten in Bildern erzaehlen koennen. Zwischen 600 und 700 Jahre zaehlen diese Doerfer und zeigen vielleicht nicht so umfangreich wie in Xiong Cun ihr traditionelles Kostuem. Trotzdem, wer wie ich "Pinkitaeten sucht", der kann sich ruhig hierher verirren, ist der Weg doch landschaftlich eine Entspannung, wenn man sich nicht nur aufs Radfahren konzentriert. Immer wieder sehe ich, dass selbst in diesen kleinen Doerfern, abgelegen und noch nicht optimal am Strassennetz angebunden, nicht nur wohlhabende Bauern beginnen, sich ein neues Zuhause zu bauen. Zur Zeit sind die Bewohner dabei, die entscheidenden letzten 500 Meter Betonstrasse zu bauen, um endlich festen Kontakt mit den Staedtern aus Daxu zu haben. Gute Transportwege sind neben der Einkommenserhoehung fuer die Bauern das Zweitwichtigste, um am sehr lebendigen Handel noch aktiver teilhaben zu koennen.

Mein drittes Nudelessen stand bevor, schaute zur Uhr und stellte fest, dass ich doch noch ein wenig Zeit hatte, bevor ich die knapp 25 Kilometer wieder nach Guilin zurueckrollen musste. Mir kam die Altstadt von Daxu in den Sinn, die mich damals ueberhaupt nicht angenehm ueberrascht hatte und somit nicht ein einziges Foto zustande gebracht hatte, weil ich damals nicht wusste, warum sollte ich den Konsum festhalten, der die schoene alte Kulisse fast vollkommen versteckte. Jetzt war ich neugierig auf eventuelle Veraenderungen. Kurzerhand fuhr ich auf die andere Seite der Hauptstrasse von Daxu, schloss mein Rad an und schaute mich mit der 1000-jaehrigen Dorfstrasse in Daxu ein zweites Mal um. Es ist wirklich ein schoener alter Strassenabschnitt mit gut erhaltenen Holzbauten zu beiden Seiten, der von der grossen 600 Jahre alten Steinbogenbruecke geteilt wird. Noch ist nicht die Zeit der grossen Touristenstroeme. Heute waren nur wenige 100 chinesische Touristen in der einen Stunde unterwegs, die ich hier zubrachte. Ihren neuen Trend haben die Daxu’er leider nicht ein wenig nachkorrigiert. Zu beiden Seiten finden sich jetzt schon ausreichend die aus meiner …und nur aus meiner Sicht… unpassenden Souvenirstaende. Ein Dorfleben kann hier nicht mehr vermittlet werden, lediglich die schoene alte Kullisse mag ihre Geschichten erzaehlen. Aber dorthin muss man erst einmal gelangen, wenn man nicht immer wieder tiefer in die Tasche greifen muss als ueblich. Ich fragte zwei der Anwohner freundlich nach einer Gelegenheit, hinter die offen stehenden Eingangstueren schauen zu wollen, sah man schon von hier aus ein interessantes Innenleben…und tat dies hoeflich mit meinem Chinesisch. Eine freundliche Antwort wurde mir mit zwei Fingern gegeben, die sich in kurzen Bewegungen wechselhaft staendig ueberschnitten. Das heisst soviel wie 20 Yuan. Ich suchte mir ein anderes Haus. Eine freundliche Einladung erhielt ich von einem Vater mit seiner Tochter und Enkeltochter. Sie gaben auf meine wiederholende Frage zu verstehen, dass ich gerne das geben kann, was ich geben moechte. Dieser Einladung folgte ich dankend. Es war eine schoene gepflegte grosse Wohnung mit vielen kleinen Prunkstuecken, die sehr gepflegt wurden. Ueberhaupt sah das Wohnhaus wie ein kleines Museum aus mit seinen vielen Raeumlichkeiten in der ersten und zweiten Etage. Besonders die Tuer- und Fenster-Schnitzereien boten eine so praechtige Handarbeit, wie ich sie sonst bisher noch nicht gesehen hatte, obwohl ich um Guilin schon so Einiges bestaunt habe. Daxu ist mit dieser Altstadtstrasse sicher sehenswert, was die Architektur und die kunstvollen Innenausbauten angeht. Wer mit dem Blendwerk der Anwohner klarkommt, kann hier gerne einen Moment verweilen.

Xiong Cun und die Doerfer in der nahen Umgebung dagegen bieten nicht nur ebenso Interessantes …vielleicht nicht so umfangreich…..in den einzelnen Wohnungen der Menschen…sie bieten vor allem eine ehrlichere Lebendigkeit, ein chinesisches Dorfleben, was ich persoenlich gesucht und hier gefunden habe und in Daxu vermisse...