Hochzeit von Liu Xin am 18. Januar 2008

Die Hochzeit zaehlt heute in China immer noch zu den wichtigsten Ereignissen im Leben des chinesischen Menschen. Einmal feiert man die Hochzeit in seinem heimatlichen Ort bei den Eltern. Dort ist sicherlich die feierlichste Form, die traditionellste. Darueber kann ich aber nicht schreiben, weil ich einer solchen noch nicht beiwohnen konnte. Also bleibt mir “nur“ die Begegnung festzuhalten mit der Feierlichkeit fuer all diejenigen, die nicht zum Kreise der Familie zaehlen. Und erst durch diese Hochzeitsfeier mit Freunden und Bekannten ist man wirklich  "verheiratet" und zieht zusammen.

Mit seinen vielen Touristen ist Guilin ein Magnet des Suedens geworden. Auf der Suche nach deutschsprachigen Mitarbeitern fuer unser Reisebuero ist Liu Xin eine von Dreien gewesen, die sich gut in das Team einfuegen konnte und eine wirkliche Bereicherung darstellt. Seit gut einem Jahr ist sie bei uns  in Guilin.

Der Zusammenhalt der Familien und die Fuersorglichkeit um die Alten, das sind zwei wichtige Dinge, die die heranreifende Jugend auf den Weg des Erwachsenwerden’s mitnimmt. Die Kinder lernen, die Erfahrungen der Alten zu achten, zu gebrauchen, sie als Fundament fuer's Leben anzusehen. Durch das Zusammenleben der grossen Familie unter einem Dach ist eine gute Kommunikation von vornherein gegeben. Man achtet die Alten, sie haben einen besonderen Stellenwert in der familiaeren Gemeinschaft und ist ihnen gegenueber besonders hoeflich. Seit Jahrhunderten und laenger ist es in China Tradition, dass die aeltere Generation durch die Jugend unterstuetzt wird, wenn diese beginnt, mitten im Leben zu stehen. Es ist ein Dankeschoen fuer die Entbehrungen, die die Eltern beim Grosswerden der Kinder auf sich genommen haben. Die Kinder stehen nicht etwa in der Schuld, ihren Eltern Gutes zurueckzugeben. Es ist fuer sie Selbstverpflichtung, alles dranzusetzen, dass es allen Familienmitgliedern  gleich gutgeht. Wenn die Alten auf Hilfe angewiesen sind, dann ist die Jugend fuersorglich um sie bemueht. Somit erklaert sich  vielleicht, warum es in China sehr verbreitet ist, zeitig sich nach einem Partner fuers Leben umzuschauen. Es sind nicht foerderliche Massnahmen seitens des Staates, der vielleicht durch finanzielle Anreize aufwartet.  Die Chinesen leben mit ihrer Tradition sehr eng verwurzelt. Trotz der modernen Lebensweise - besonders in den Grossstaedten - verliert man nicht ihre Naehe. Es ist gut, wenn die Frau einen Mann findet, der sicher im Berufsleben steht und gutes Geld mit nach Hause bringen kann und eine tatkraeftige Unterstuetzung darstellt.

In diesem gluecklichen Umstand ist unsere Liu Xin, die ich wirklich gluecklich erlebt habe, wenn wir gelegentlich neben der Arbeit auf ihren Mann zu sprechen kamen. Stolz zeigte sie uns die Fotos, die im Vorfeld sehr aufwendig und geschmackvoll gemacht wurden und eine Welle voller Emotionen ausstrahlten. Ihr kindliches Gemuet und ihre warmherzige Lebensfreude schaeumte foermlich ueber, als sie uns  eines Tages im Oktober letzten Jahre mitteilte…'jetzt ist er ihr Mann'. Drei Monate spaeter zog sie ihr Hochzeitskleid abermals an, um mit den vielen Bekannten, Freunden und Kollegen hier in Guilin zusammen zu feiern. Sie fragte mich im Vorfeld, ob ich nicht fuer sie die Fotos machen koennte. Das Angebot nahm ich natuerlich sehr gerne an.

 

 

Bei dem niesligen Wetter am Freitagabend hatten wir Schwierigkeiten, eins von den sonst “hundertausend” Taxen in Guilin zu bekommen. Dadurch waren wir so was wie die letzten Gaeste, die endlich den Reigen schliessen konnten. Liu Xin und ihr Mann standen am Eingang im festlichen Kostuem, sie im westlichen weissen Brautkleid, er ebenfalls im passenden Look und empfingen die Gaeste. Die Einladung verpflichtet nach alter Tradition zu einem entsprechenden Gegengeschenk. In kleinen roten Tuetchen legt man sein Praesent in Geldform in den Korb, der von beiden gehalten wird. Als kleines Dankeschoen wird dem Gast der Korb mit Suessigkeiten gereicht. Ehe ich jedoch meine Kamera zur Hand hatte, waren sie meinen Blicken entschwunden, bereiteten sich auf den Gang durch den grossen Saal mit fast 300 geladenen Gaesten vor. Wie in der Kirche gingen sie auf dem roten Teppich die 30 Meter entlang der Tischreihen, um sich dann allen zu praesentieren. Die Moderatorin, die uns und das Brautpaar durch die Feier fuehrte, erzaehlte zu allererst etwas ueber die Liebe und die Umstaende, die zu diesem heutigen Tag  fuehrten.

 

        ...mehr Fotos                                                          
Im Anschluss hielt Liu Xin das Mikrofon in ihren Haenden und schilderte aus ihrer Sicht den Beginn ihrer gluecklichen Begegnung. Sie erzaehlte, dass sie eigentlich bei ihrem Wohnungswechsel vom Norden in den Sueden Chinas gerne einen Nordchinesen heiraten wollte. Aber mit der Zeit hatte sie die Vorzuege der Suedchinesen kennen und schaetzen gelernt. Waehrend die Maenner aus dem Norden nicht ganz so familienfuersorglich sind, sich wesentlich mehr auf die Partnerin konzentrieren, weisen die Suedchinesen dagegen das wohl allumfassendere Versorgungsbeduerfnis fuer die ganze Familie auf. Weitere Vorzuege nannte uns Liu Xin hier im Saale jedenfalls nicht . Im Anschluss an diese kleinen Statements kam der Vater von Liu Xin zu Wort. Er schien etwas aus der Kindheit seiner Tochter zu ezaehlen,  jedenfalls lachten alle staendig laut auf. Die Chinesen sind ueberhaupt ein sehr lustiges Volk. Lachen gehoert zu ihrem Leben und der dazugehoerige Witz ebenfalls. Das schaerft die Sinne. Nach alter Ueberlieferung sagt man, je lustiger die Feier wird, je mehr Spass man mit dem Brautpaar bei der Feier hat, desto gluecklicher werden sie in ihrer Ehe sein. Anschliessend bedankte sich das Brautpaar nach den niedlichen Worten des Papa’s mit  tiefen Verbeugungen in alle drei Himmelsrichtungen bei der Familie, den Freunden, bei den Arbeitskollegen, den Verwandten und Bekannten. Ich sah sie fuenf oder sechs mal diese Bewegung machen. Danach wurden die Buecher der Familie ueberreicht, die Ringe getauscht und gemeinsam aufs Wohl getrunken. Was nicht fehlen darf bei einer Hochzeit,...der Kuss, der in der Oeffentlichkeit immer noch sehr selten zu sehen ist und somit lautstark von den Gaesten bejubelt wurde.

Der erste festliche Teil war vorrueber, die Braut hatte ihr weisses Gewand mit einem traditionellen roten Kleid getauscht, um sich nun mit ihrem Mann an die einzelnen Tische zu begeben und mit den vielen vielen Gaesten gemeinsam anzustossen. Ich hatte Liu Xin im Nachhinein gefragt, ob sie immer mit einem scharfen Reisschnaps angestossen haben. Sie leachelte und wies mit einem kurzen Blick auf die Mineralwasserflasche in meinen Haenden. Beim Zuprosten an ueber 25 Tischen haetten sie sich wohl im Anschluss niedlich raustragen lassen muessen. Das aufgetragene Essen war sehr reichlich, lecker, der Hochzeitsfeier entsprechend.

Nach etwas ueber zwei Stunden waren die Feierlichkeiten beendet, schnell loeste sich alles auf und nur die Steher hatten noch ausreichendes Getraenk im Glas und liessen es sich gut gehen.

                                                                                        ...zurueck