Das Stecken der Reissetzlinge in den Terrassenfeldern um Ping’an und Longji beginnt in diesen Tagen. Die Farmer sagten unterwegs auf dem Weg von Heping nach Longji, dass am morgigen 9. Juni damit begonnen wird, wenn nicht das Wetter einen Strich durch die Rechnung macht. Seit einigen Tagen lassen die Bauern das Wasser ueber ein uraltes, gut ausgekluegeltes Bewaesserungssystem auf die Felder laufen. Bauern, die spaeter mit der Bestellung ihrer Felder beginnen,

sieht man den schwierigen Boden sehr intensiv roden.   Dort, wo Tiere mit eingespannt werden koennen, sieht man die Farmer die schwere Arbeit entweder mit dem Pferd oder dem traditionellen Wasserbueffel verrichten.

 

Auf anderen Reisterrassen, wo aufgrund der extrem unguenstigen Lage des Feldes Mensch und Tier nicht zusammen arbeiten koennen, uebernehmen der Bauer mit seiner Frau zusammen dieselbe Arbeit. Von hoher Geschicklichkeit sieht diese unheimlich  schwere Arbeit bei den Bauern spielend leicht aus. Beide tragen dazu gemeinsam eine Holzstange auf gleicher Schulterseite. Zur besseren Kraftuebertragung von der Schulter auf das gabelaehnliche Eisengeraet, das mittels Seil von beiden gezogen wird, ist die Holzstange mit der Seilverbindung zum „Pflug“ vorn und hinten mit einer stabilen Arrettierung versehen. So koennen sich beide besser gegen das schwere Arbeitsgewicht stemmen. Es laesst sich nur erahnen, wie schwer diese Arbeit sein muss, wenn man dabei zuschaut und mitbekommt, dass sich die Frau, die vornweggeht, zur Sicherheit des Gleichgewichts mit einem Bambusstock abstuetzen muss. Der Mann muss das grosse gabelartige Geraet mit seinen ueber 50 Zentimeter langen Zinken tief in den Boden stemmen und sich dann gemeinsam mit seiner Frau auf dem kleinen engen Feld vorwaertsbewegen. Erst, wenn nach stundenlanger getaner Arbeit die Boeden der Felder gleichmaessig gelockert wurden, beginnt der Farmer mit der Bewaesserung. 

 

Andere sind wiederum mit dem Ernten  der Setzlinge beschaeftigt. Dann werden diese in ebenso muehevoller Arbeit in gleichmaessigen Abstaenden einzeln

von Hand gesteckt. Das moderne Werfen der Setzlinge aus dem Stehen sieht man in dieser Gegend noch so gut wie gar nicht, eher in den flachen Gebieten um Guilin und Yangshuo.

Zwischen der Arbeit der vielen Bauern sieht man die vielen, vielen kleinen Wasserlaeufe auf den Reisterrassen, um die Felder mit den von dem Bergen gespeicherten Wasser in der Regenzeit der vergangenen Wochen zu fuellen. So kann das Wasser ueber ein riesiges verzweigtes System mit nur wenigen Quellen fuer einen einzigen Berghang voller Terrassenfelder

 

laufen und die Terrassen auffuellen.   Der lehmige Boden eignet sich wunderbar zum Speichern des Wassers. Ein handbreiter Spalt in der von der Hand geschaffenen Begrenzungsmauer zum naechsten Terrassenfeld sorgt fuer das gleichmaessige Ablaufen. Mitunter sieht man in Bambuslaeufen ueber viele Dutzende von Metern das Wasser zu den naechsten Feldern transportieren. Gleichzeitig fuehren moderne kleine Schaechte das Wasser generell von oben nach unten, von denen das Wasser fuer die einzelnen Feldetagen abgezweigt werden kann.

 

Das Bewaessern laesst man aber auch ueber die natuerlichen Quellenlaeufe zu, die sich selbst einen Weg zu den Reisterrassen gebahnt haben. Hier wurde dann nur fuer einen sicheren Tritt fuer die Farmer mit seinen Transprottieren gesorgt, indem Granitplatten die Stabilitaet garantieren. Wie gewaltig die Natur staendig am Arbeiten ist und wie abhaengig sie von einem ungestoerten Oekosystem ist, zeigt schon die gut gemeinte Schotterstrasse von Heping nach Longji. Sobald der Mensch in dieser Art eingegriffen hat, kann man nach einer langanhaltenden Regenzeit oder mehrtaegigen Regenguessen auf Bergrutsche foermlich warten. Die Wege werden extrem gefaehrlich verschuettet oder verschwinden, wie gesagt einfach in der Versenkung.

Ich habe an diesem Tag eine schoene Wanderung gemacht von Heping, dem kleinen Anschlussstaedtchen fiuer die Richtungen nach Longsheng und Guilin.

Der Anschlussbus von Heping, der regelmaessig in das Terrassengebiet faehrt, wartet meistens auf die Gaeste aus Guilin, um sie dann mitzunehmen. Dieser Bus bringt einen dann fuer 2,- Yuan auf dem Wege nach Ping’an bis in das naechste Dorf Jinjiang. Hier steigt man aus und geht ueber die Haengebruecke zur anderen Flussseite. Dort bahnt man sich zwischen den hochragenden Berghaengen mit Reisfedern einen steilen Weg nach oben, um somit den kuerzesten Weg zum Schotterweg zu haben, der dann nach rechts weitergehend direkt nach Longji fuehrt. Zwischen 30 und 45 Minuten braucht man fuer diesen Aufstieg mit einem Hoehenunterschied von ca. 350 bis 400 Metern. Steil nach oben gehend ist als Anhaltspunkt immer der Weg links an den einzelnen Huetten vorbei zu waehlen. Das ist dann auch der Weg, den die Bauern zu ihren Reisfeldern nehmen.

Dieser steile Aufstieg lohnt sich im Anschluss doppelt und dreifach, denn von hier begleiten einem auf der rechten Seite staendig die wunderbaren Anblicke der Reisterrassenkultur. Mit dem Erreichen der Schotterstrasse sind es noch ca. 4,5 Kilometer, bis zum alten Zhuang-Dorf Longji, mit dem davorliegenden Anbaugebiet der Reisterrassenkultur. Trotzdem man vielleicht immer wieder Zeit fuer das Geniessen braucht, ist diese Strecke leicht in einer Stunde zu bewaeltigen.

Das Dorf Longji hat von seiner Urtuemlichkeit nichts verloren. So, wie die Terrassenlandschaft sehr naturbelassen ist und keine neuzeitliche Symmetrie erkennen laesst, so angenehm ist es auch beim Durchlaufen dieses sehr lang am Berghang hingezogenen Dorfes zum anderen Ortsausgang.

Mit 15 Minuten ist man von einem Dorftor zum anderen gelangt, um die letzten 2,5 Kilometer bis nach Ping’an in Angriff zu nehmen. Dreimal geht es noch ueber die hoeheren Bergkanten entlang der Reisfelder, bis man dann Ping’an, die Touristenhochburg, erreicht hat. In Ping’an wird mittlerweile entsprechend des zunehmenden Besucherstromes immer wieder Neues gebaut. Uberall entstehen neue Gaestehaeuser, Restaurants, Abschnitte fuer die „viel zu wenigen“ Souvenirlaeden. Die Bauweise hat sich ebenfalls geaendert. Es entstehen nicht nur traditionelle Holzbauten, sondern, dem Touristen angepasst, trittfeste und geraeuscharme Betongerueste, die dann wieder mit Traditionellem verkleidet werden. Man laesst sich schnell mit den touristischen Spielregeln ein und versucht, die ruhigen Schlafgewohnheiten der Auslaender zu beruecksichtigen.

Hier in Ping’an gibt es viel Arbeit, auch fuer die Menschen aus den umliegenden Doerfern, die nicht so mit diesem Reichtum beseelt sind. Die touristischen Highlights werden dadurch ein wenig abegdaempft. Aber die Menschen muessen hier selbst das Zepter in die Hand nehmen, um gut und besser leben zu koennen. Durch ihre extrem unguenstige Lage sind die Minderheiten fuer eine Aufbesserung ihres Einkommens selbst verantwortlich. Die Regierung sorgt vorwiegend fuer die Verbesserung der Randbedingungen, damit sich die wichtige Kultur des Tourismus in diesen Gebieten gut entwickeln kann. Die enormen Anstrengungen bei der Verbesserung der Infrastruktur, die Aufhebung der Landwirtschaftssteuer sind wichtige Punkte, dass die hier sehr einfach lebenden Menschen an dem grosstaedtischen Entwicklungsboom mit seinen positiven Auswirkungen fuer den Tourismus partizipieren koennen.

Wer jedoch neben diesem „Modernen“ das traditionelle Leben der Menschen beobachten und dem beiwohnen moechte, der macht vielleicht eine solche Wanderung entsprechend meiner aufgefuehrten Route.

Beides in Kombination zu erleben, heisst...auch das hiesige Moderne mit dem Traditionellen zu geniessen. Sie sehen das Moderne, aber auch das hohe Bewusstsein dieser Menschen zu ihrer uralten kraftvollen Kultur. Beides macht heute den chinesischen Menschen aus, auf das er stoz ist.