Ueberraschende Worte eines Chinesen…

 

Vier Jahre spaeter, am gleichen Ort. Mit Bildern im Rucksack war ich 2005 fast zur selben Jahreszeit in Dunhuang, um erstens die nicht so „weltbekannten“ Sehenswuerdigkeiten auszumachen, ...und zweitens unbedingt das Restaurant von 2001 wiederzufinden. Zu gerne wollte ich ihnen Guten Tag sagen und unsere damalige Begegnung mit meinen Fotos in Erinnerung bringen.

In den vier Jahren hatte sich vieles veraendert. Fast nichts ist so geblieben, was wir damals gesehen haben. Selbst die Sandduenen haben sich veraendert, sind sie doch mindestens weitere zehn Zentimeter naeher an die 4 km entfernt liegende Oase Dunhuang herangerueckt.

Den Markt habe ich gefunden. Viele kleine komfortable windgeschuetzte Aluminium-Glas-Zellen fuellten nun den Marktplatz aus. Die fahrbaren „Restaurants“ waren verschwunden. Meine mitgebrachten Fotos halfen mir herzlich wenig, konnte der hilfsbereit herbeieilende Kuechenchef einer kleinen Parzelle mir lediglich mit seinem guten, selbst erlenten Englisch zu verstehen geben, dass sie irgendwo anders ein Restaurant eroeffnet haben. Ein wenig traurig liess ich mich von dem stets zum Spass aufgelegten jungen Mann in sein „Restaurant“ fuehren, um mich kurz zu staerken und auch etwas Gutes fuer mein Tagebuch zu tun. Neben seinem geschaeftigen Tun hatte er doch kurz nach der Mittagszeit der Chinesen immer noch Geschaeftsbetrieb, kam er bei ganz kurzen Pausen an meinen Tisch, um mit mir schnell ein wenig zu plauschen. Immer wieder zu seinem Wok aufspringend, sobald Gaeste in seinem Restaurant Platz nahmen huschte er auch immer wieder zu mir rueber, hatten wir doch jetzt ein interessantes Thema erwischt. Von selbst kam der junge Familienvater von zwei Kindern aus Lanzhou stammend zu der aktuellen Tagesproblematik, den Vorhaltungen der USA zum Verhalten Chinas gegenueber Taiwan.

Freundlich bestaetigten wir uns gegenseitig die gleichen Ansichten zu den fragwuerdigen amerikanischen Aeusserungen in der Tagespresse. Zwischendurch immer wieder in mein Tagebuch vertieft, kam er mit einem Mal auf mich zu und bat mich, etwas in mein Buch schreiben zu duerfen..fuer die Deutschen...fuer Europa. Ich war wirklich baff, hatte ich mit so einem angenehmen Ueberfall niemals gerechnet. Hatte ich doch jetzt die Chance, eine tiefgruendige Aussage in schriftlicher Form zu erhalten, die in einem persoenlichen Gespraech nach solch einer kurzen Begegnung so gut wie unmoeglich erschien.

Ich machte sofort einen Strich unter meinem unbeendeten Satz und ueberliess ihm freundlich mein Tagebuch. Er ueberliess mir dafuer nicht nur seine Gedanken, sondern auch seinen Kugelschreiber, mit dem er sich in meinem Buch auf Ewig eingetragen hatte.

 

Nachfolgend von meiner lieben Shanghaier Chinesischlehrerin aus Berlin Yingying ins Deutsche uebersetzt gebe ich die Gedanken dieses jungen Mannes wieder. Nichts ist von mir hinzugetragen oder gekuerzt worden. Es sind seine Gedanken, fuer die ich mich hier an dieser Stelle gern ein weiteres Mal bedanken moechte:

 

„Das chinesische Volk liebt Frieden und hofft auf keinen Krieg. Die Chinesen wurden in der Vergangenheit immer von den auslaendischen Maechten unterdrueckt. Heute sind die Chinesen in der Lage, den eigenen Staat zu verwalten und haben auch keine Angst vor Gewalt. Insbesondere in Bezug auf die Taiwan-Frage sind alle der gleichen Meinung, dass es hier um die Staatssouveraenitaet und territoriale Integritaet geht.

 

Bei der Taiwan-Problematik bleibt die chinesische Fuehrung hart. Auch wenn Taiwan in Zukunft nach dem Vaterland zurueckkehren und China noch staerker wird, wird China das Versprechen halten, nie nach Vorherrschaft zu streben, weil das chinesische Volk Frieden liebt.

 

Seit alten Zeiten gilt es, was die Chinesen sagen. Das chinesische Volk liebt wirklich Frieden und hofft auf keinen Krieg. Aber es hat auch keine Angst vor dem Krieg. Als Chinese bin ich stolz auf ein so starkes Vaterland. Die Chinesen werden nie andere Laender unterdruecken, es sei denn, dass andere Laender bei uns intervenieren oder uns angreifen wuerden. Das chinesische Volk ist sehr gutherzig und sehr fleissig. Viele auslaendische Zeitungen und Nachrichten berichten nur einseitig ueber China. Ich wuensche mir, dass diejenigen nach China kommen, um sich sekbst zu ueberzeugen und es mit eigenen Augen sehen. Sie werden langsam ihre Meinung ueber China aendern.

 

Jedoch hat China 1,3 Milliarden Menschen. Es gibt zu viele Menschen und grosse Schwierigkeiten. Ganz reich zu werden ist fast unmoeglich.
Jetzt ist es viel besser geworden. Die Kinder koennen alle in die Schule gehen. Der Staat berfreit die Kinder, die es sich nicht leisten koennen, von dem Schulgeld. Das war frueher unvorstellbar. Die Kinder lernen in den Grundschulen schon Fremdsprachen. Mancherorts gibt es sogar auslaendische Lehrer.

Allgemein gesagt – China schreitet voran.

Fuer die Welt tut China, was in seinen Kraeften liegt. China hat sehr, sehr viele Menschen. Es gibt gute und boese Menschen. Es ist nicht einfach, sie zu verwalten.

Die „Menschenrechte“ sind ein glaenzendes Wort und die Menschenrechte in China wurden immer von einigen Staaten angegriffen. Aber darf man es so hinnehmen? Nein ! Auf keinen Fall ! Sonst wuerde China in Unruhe sein und das Leben und die Sicherheit der Bevoelkerung wuerden nicht mehr garantiert. Jedes Land hat seinen eigenen Weg zur Entwicklung.

Man darf ein anderes System nicht kritiklos uebernehmen oder laesst es sich auch nicht aufzwingen. Sonst waere die Gesellschaft in Unordnung gebracht worden....

 

Im Grossen und Ganzen liebe ich mein Vaterland. Ich mag auch die Freunde aus Europa, weil sie alle Frieden lieben. Der Krieg kann durch Verhandlungen vermieden werden und muss auf gar keinen Fall gefuehrt werden. Sonst wuerden viele unschuldige Menschen sterben und die Welt in Unruhe geraten.

Sage zu Krieg NEIN und sage zu Amerika NEIN.

Die USA haben oefter die anderen Laender unterdrueckt. Aber China hat nie so was gemacht.

 

Das Waffenembargo gegen China ist eine Verachtung gegen die Chinesen. Es ist ein Unrecht. China und Europa sind gute Partner. Es gibt nie Konflikte zwischen uns. In den Augen der Chinesen haben die Europaeer mehr Gerechtigkeitssinn. Man soll keine Angst vor den USA haben. Nur, wenn man verschiedene Widerstaende ueberwindet und das Waffenembargo aufhebt, dann betrachtet man China als Freund. So koennen EU und China bessere Freunde werden. China kann dann auch in der Welt eine immer groessere Rolle spielen.

Das Waffenembargo gegen China ist wie folgt:

Zwei Menschen moechten Freundschaft schliessen. Einer will sehr gerne und der andere hat noch ein bisschen Angst davor. Der nimmt eine Waffe mit.

 Es ist doch laecherlich. Ich weiss nicht, ob das ein richtiges Gleichnis ist. Als Chinese moechte ich diese Gelegenheit benutzen und meine Meinung aeussern.

Ich glaube, dass ich dabei auch eine bestimmte Verantwortung dafuer trage. Die Chinesen lieben Frieden und werden nie andere Laender unterdruecken.

Hebe das Waffenembargo gegen China auf und betrachte die Chinesen als Freunde!

Dankeschoen!“

 

 

                            Xiangzi, am Abend des 18. Mai 2005







          ...zurueck