Die koeniglichen Ming-Graeber von Guilin

    ...die Ming-Koenige        

1996 besichtigte ich auf meiner ersten Chinareise, einem neuntaegigen Aufenthalt in Peking, die Minggraeber. Es war damals an diesem 4. Tag meiner Pekingreise ein sehr heisser, wie die anderen Tage zuvor.

Dieser Besuch  des Ming-Grabes ist mir bis heute bestens in Erinnerung geblieben als eine nicht enden wollende Wanderung entlang der unendlichen Prozessionsstrasse. Die vorher angesagte Dreiviertelstunde erschien mir beim Vorbeilaufen an den mehrere hundert Meter auseinanderstehenden Steinfiguren als ein 2-Stunden-Ritt durch den Backofen. Und am Ende dieses langen Weges, um es nicht noch laenger werden zu lassen...gab es eine „Eisenbahnfahrt“ zu den eigentlichen Gemaechern der Ming-Kaiser. An die Fahrt kann ich mich ebenfalls sehr gut erinnern, brachte die ueberdachte Bequemlichkeit eine heiss ersehnte Abkuehlung. Wie jedoch das Ming-Grab aussah...und wo es konkret lag...davon kann ich mir bei bestem Willen kein Bild mehr machen, war der Tag erstens schon umfangreich genug mit dem Vormittagsausflug zur Grossen Mauer bei Badaling und wir zum Ende des Tages mit diesem Besuch bei diesen Temperaturen am Ende unseres Aufnahmevermoegens.

Was mir haften blieb, war mein fester Wille, nicht unbedingt ein zweites Mal ein Ming-Grab besichtigen zu wollen, auch wenn ich um die grossen kulturellen Werte gerade dieser Zeitepoche wusste.

Viele Sehenswuerdigkeiten habe ich in der Vergangenheit nicht nur einmal gesehen. So mancher Ort zog mich gerne ein zweites oder drittel Mal in seinen Bann...aber zu den Ming-Graebern hatte ich immer stets einen gesunden Respekt.

Mein Kontakt mit Guilin 10 Jahre spaeter liess mich bei den Sehenswuerdigkeiten in und um Guilin fast ziemlich emotionslos die Existenz von Ming-Graebern wahrnehmen. Ohne groessere Probleme liess ich bei meinen ersten alleinigen Fahrradtouren entlang des Yao-Shan-Berges die Ming-Graeber links liegen. Sofort zeigte mir mein Langzeitgedaechtnis eine riesengrosse Grabanlage, die mindestens einmal ueber den mit 900 Meter hoechsten Punkt in der Nahe Guilins, den Yao-Shan, gehen muesste. Mein Unterbewusstsein malte mir dazu den Rest einer langen Prozessionsstrasse und gebot mir ruhig die Weiterfahrt, vorbei an der 500 Jahre alten Anlage.

Es musste erst ein besonderer Tag her, der mein Interesse an diesen Minggraebern wieder zum Leben erwecken konnte.

Ende 2007 hatten wir im November die letzten schoenen warmen Tage, bevor der Winter mit seinen ungehobelten Bedingungen die suedlichen Provinzen mit seiner ueberraschenden Kaelte ganz schoen schwitzen liess.

Unsere Firma nutzte diese Gelegenheit, mit Fruehlingssonne einen Ausflug in die Naehe Guilins zu machen. Zu meiner grossen Ueberraschung fuehrte uns der erste Teil unserer Rundreise zu einer Grabanlage der Ming-Koenige. Diese lag in freier Natur in der Naehe des Jingjiang-Mausoleums. Ich war echt ueberrascht, um nicht zu sagen..begeistert von dieser wunderschoenen kleinen ueberschaubaren Grabanlage in Miniaturformat vom grossen 96’ er Vorbild aus Peking. Mit einem einzigen guten Foto war die gesamte Grabanlage einzufangen. Es klingt komisch, aber tatsaechlich war mein Interesse mit diesem Ausflug an den Guiliner Ming-Graebern geweckt.

Um in Ruhe diese Grabanlage fuer mich nochmal einzufangen, ging ich Anfang dieses Jahres, nachdem die frostigen Tage sich verabschiedet hatten, ein zweites Mal zu diesem interessanten Flecken. Wir fanden auf Anhieb die ziemlich versteckt gehaltene Anlage wieder. Ich wollte nicht vor jeder Figur ein bezauberndes Victory-Laecheln meiner Kolleginnen haben und auch ganz in Ruhe einen Lageplan entwerfen, um dieses Kleinod fuer meine Arbeit verwerten zu koennen.

Tage spaeter fragte ich meine Kollegin, ob sie mir vielleicht freundlicherweise die Lage des Grabes und die des Mausoleums auf einer Karte zeigen koennte...

Mittlerweile hatte ich mir auch dieses Mausoleum angeschaut und es wirklich als aeusserst angenehm empfunden, dort zu verweilen. Dieses Mausoleum ist die Grabanlage des 3. Ming-Koenigs Zhu Zuo Jing mit seiner Konkubine Shen Shi. Eine sehr interessante Grabanlage, die nicht nur sehr gut erhalten blieb, sondern zudem auch eine geschmackvolle Architektur vorwies. 1411 regierte der 3. Konig 58 Jahre lang sein Reich um Guilin mit seinen 12 Staedten und Kreisen Yangshuo, Lingui, Lingchuan, Quanzhou, Xing’an, Yongfu, Guanyang, Ziyuan, Pingle, Lipu, Longsheng und Gongcheng. Der Koenig erliess zu Lebzeiten seinen Plan fuer den Bau der praechtigsten Ming-Grabanlage am Yao Shan. Zu Beginn der Ming-Dynastie waren die Staatskassen noch gut gefuellt und somit entstand diese prunkvolle Grabanlage, die nach traditioneller Art und Weise und nach dem grossen Vorbild aus Peking angelegt wurde. Mit dem Berg im Ruecken des Grabes liess er nicht nur einen kleinen Fluss als Symbol des lebensspendenden Wassers in Naehe des Eingangstores im Innenbereich vorbeifliessen, sondern schmueckte zudem diesen mit einer kunstvoll verzierten, dreigeteilten Steinbruecke. Den nur dem Koenig vorbehaltenen breiten Uebergang in der Mitte der Bruecke saeumen rechts und links zwei Uebergange, die in entgegengesetzter Richtung vom Uhrzeiger vom uebrigen Personal und Angehoerigen genutzt wurde. Ein Zurueck auf gleichem Wege stand nur dem Koenig zu. Mit dem Yao-Shan und dem Lebenswasser gibt man dem Verstorbenen die besten Bedingungen mit auf seinem letzten Weg, weiss man als Sterblicher, dass es dem Verstorbenen dort so am besten geht und dies sich auch auf sein derzeitiges Erdenleben auswirkt, wenn er bei seinen Gebeten erhoert wird. 1469 starb Koenig Zhu Zuo Jing und wurde hier am Fusse des Yao-Shan-Berges beerdigt.

...nachdem mir nun meine Kollegin eine Karte ausdruckte mit den Standorten der beiden Grabanlagen, hielt ich eine A-4-Seite in den Haenden, die mir nicht nur die Markierungen des Mausoleums und der zweiten Grabanlage aufzeigte, sondern ebenso 11 weitere. Nun musste ich mich etwas naeher damit befassen, schien hier doch nicht nur eine Wochenendarbeit auf mich zuzukommen :

Der erste Ming-Kaiser Zhu Yuan Zhang gab 1370 seinem 24. Enkel Zhu Shou Qian den Namen Jingjiang und den Rang eines Koenigs und beorderte ihn nach Guilin, um dort seine Regierungstaetigkeit aufzunehmen. 280 Jahre lang regierten in 12 Generationen 14 Koenige am Fusse des Duxio-Berges. 1392 wurde dieser Herrscher-Palast im Zentrum Guilin's von Zhu Shou Qian fuer die Ming-Koenige errichtet. Es ist das kleinere Abbild vom Pekinger  Kaiserpalast und umfasst auf einer 20 ha grossen Flaeche wichtige Bauten, wie das Chengyuan-Tor am Anfang, die Chengyum-Halle in der Mitte mit Wohndiele und dem koeniglichen Garten am Ende.

Das Jingjiang Mausoleum befindet sich am Fuss des Berges Yao-Shan, 7 Kilometer oestlich von Guilin. Es ist wie gesagt das Mausoleum fuer den 3. Koenig aus der koeniglichen Familie der Jingjiang. Insgesamt befinden sich um den Yao-Shan auf einer Flaeche von 100 Quadratkilometer mit einer west-oestlichen Ausdehnung von 15 Kilometern und in Nord-Suedrichtung von 7 Kilometern ueber 300 Graeber und Grabanlagen. Neben 11 koeniglichen befinden sich 3 Grabanlagen von den Konkubinen, sowie 8 weitere von bedeutenden Generaelen der Ming-Koenige. Vor jedem Grab stehen zwei Huabiao - Stelen fuer die Machtbefugnis, teils mit schoenen Drachenmotiven versehen, sowie aufgereiht in zwei Linien Stein-Statuen in Form von koeniglichen Beamten, Generaelen, Reiter mit Pferd, Elefanten, Einhoerner, Pixiu’s, Ziegen, Suanni – der achte Sohn des Drachen, Shiling und die schwertragende Schildkroete mit der Stele auf ihrem Panzer, auf dem der Lebenslauf des Verstorbenen festgehalten wurde. Je nach Rang des Beerdigten finden sich in einer Linie entweder 11 Steinfiguren fuer ein koenigliches Grab, 9 Figuren fuer ein Grab von einer Konkubine des Koenigs, 7 Figuren fuer das Grab eines Generals, bzw. 5 Figuren weisen auf das Grab eines Angehoerigen aus der weitlaeufigeren  Familiedes Koenigs hin. Koenigliche Graeber mit nur zwei Eingangsfiguren deuten auf einen koeniglichen Beamten hin. Die Mehrzahl sind Graeber von Angehoerigen der Beamten und Bediensteten und Generaelen, auf denen sich nur das kleine reine Grab befindet. Hier erkennt man anhand des Alters der Steintafeln mit seiner Aufschrift seine Ming-zeitliche Bedeutung, die sicherlich in der Vielzahl der Graeber, die von den Bewohnern Guilins in den folgenden Jahrhunderten bis in die heutige Zeit fuer die Verstorbenen oft in koeniglicher Naehe errichtet wurden, schwer auszumachen sind. Viele lehnen sich an die Seite des koeniglichen Verstorbenen, um so ebenfalls an seinem guten „Weiterleben“ teilhaben zu koennen.....

 

Regierungszeiten der Ming-Koenige von Guilin unter ihrem koeniglichen Namen

 

  1370 - 1400      1. Koenig  Jing Jiang

  1400 - 1411      2. Koenig  Zhuo Xi  ...Grab 1                           

  1411 - 1469      3. Koenig  Zhuang Jian  ...Grab 2                   

  1469 - 1471      4. Koenig  Huai Shun  ...Grab 12                 

  1471 - 1509      5. Koenig  Zhao He

  1509 - 1518      6. Koenig  Duan Yi  ...Grab 3                     

  1518 - 1527      7. Koenig  An Su  ...Grab 13                          

  1527 - 1575      8. Koenig  Gong Hui

  1575 - 1585      9. Koenig  Kang Xi   ...Grab 4                     

  1585 - 1592    10. Koenig  Wen Yu   ...Grab 11                     

  1592 - 1612    11. Koenig  Xian Ding

  1612 - 1615    12. Koenig  Rong Mu   ...Grab 7                  

  1615 - 1644    13. Koenig 

  1644               14. Koenig

 

 

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